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Das schöne Notizbuch

Im September 2009 wollte meine damals fünfjährige Tochter Olivia Cello spielen lernen. Glücklich über ihre Wahl, be­gann auch ich mit Musikunterricht. Eine Stunde die Woche, mehr konnte ich mir nicht leisten, doch wie machte sie mich glücklich. Auch ich hatte begonnen, Cello zu spielen. Am 20. März 2010 entschloss ich mich aus heiterem Himmel, jeden Tag eine Zeichnung zu machen. Manchmal zeichnete ich tagsüber, häufiger jedoch in der Abenddämmerung oder spät in der Nacht, wenn die Familie schlief. Ich zeichnete auf das starke Papier mit den Notenlinien, das ich für meinen Solfeggio-Unterricht besorgt hatte. Aus der Verbindung dieser beiden Ereignisse entstand nach und nach diese Sammlung von Zeichnungen aus dem Dunkel der Calli von Venedig, als eine Art Ausgleich für die Zeit, die nie ausreicht und für die Träume, die sich anhäufen.

Das Zeichnen auf Notenlinien ist nichts Neues; schon Saul Steinberg hat es mit grossem Geschick und grosser Ironie getan, indem er die für Noten vorgesehenen Linien und Räu­me nutzte, wie möglicherweise noch manche andere in dieser Welt. In diesem zu Fünfer-Reihen gepflügten Land habe ich versucht, Zeichen zu säen, geführt von der vor mir liegenden Realität, ohne zu wissen, wann der Regen der musikalischen Erkenntnis diese Zeichen in eine klangliche und harmonische Ordnung verwandeln würde. Die leer gelassenen Seiten sind eine Einladung für andere Zeichen und Früchte, wie Felder, die noch kultiviert werden können.

Nelson Takahiro Kishi