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Das Original

Der Blick aufs Leben vom Ende her, vom Tod – dieser Sache, die vielleicht alles regiert, diesem Nichts, das alles stürzt und alles zerfrisst – verkleinert sich auf wenige Dinge: ein Licht auf der Kommode, eine Dose Kaffee, ein grünes Leibchen, die ersten Rosen, eine Geburtstagstorte, ein Einzelgänger, die Schwalben die ein- und ausfliegen, eine geliebte Frau, eine Unbekannte … In 150 Erzählungen, paradox, ironisch und zündend, gibt uns Franco Arminio die Zusammenfassung der unzähligen Arten zu sterben, indem er uns kurze, trockene Postkarten von einem unbekannten Ort sendet.

Aus einer Rezension von Fulvio Cortese

Franco Arminio schickt Postkarten; oder besser, er lässt sie, aus seiner Phantasie, von Menschen ohne Namen schicken, die bereits gestorben sind und die uns so einige Sätze über ihren Tod zukommen lassen, über das, was sie gezwungen waren aufzugeben, über die Art und Weise, wie die Menschen reagiert haben, oder einfach darüber, wie die Dinge gelaufen sind. Und auch Franco Arminio verrät in der Notiz, die seinen 128 Postkarten folgt, dass man über diese Sache, die vielleicht alles regiert, diesem Nichts, das alles stürzt und alles zerfrisst, nur in jener Stimmung schreiben kann, die von dem gerade vergangenen Tod kommt. In seinem Fall fällt der Gedanke an den Tod mit einigen Panikattacken zusammen. Für viele kommt derselbe Gedanke auf, wenn ein geliebter Mensch stirbt.
Eine Zeit lang, nachdem ich es gekauft hatte, betrachtete ich dieses kleine Buch als etwas Unberührbares: Ich hatte Angst vor seinem Inhalt oder vielleicht vor der Vorstellung, die man sich von einem Text macht, der sich eindeutig auf etwas bezieht, über das man niemals sprechen möchte. Stattdessen erwies sich das Lesen der Postkarten von den Toten als eine alles andere als eindeutige oder konventionelle Erfahrung. Denn Franco Arminio geht weder so weit, universelle Interpretationen vorzuschlagen, noch will er Gefühle der Reue oder tiefes Nachdenken anregen. Er schlägt lediglich vor, mögliche Erfahrungen zu fotografieren: oft sind diese tragisch und herzzerreissend, manchmal aber auch komisch und surreal. Man wird also von Postkarten überwältigt, die gleichzeitig von Zufall und Unvermeidlichem, von Unwägbarkeiten und Erwartungen, von Realistischem und Traumhaftem, von Erhofftem und Unbekanntem erzählen.
In den Postkarten erweist sich der Tod als dem Leben gleich, als wäre er dessen echte Ergänzung, in manchen Fällen ausserordentlich, in anderen gewöhnlich, immer unwiederholbar und einzigartig. In dem Bewusstsein, dass man sich dem Geheimnis des Todes nur aus der Nähe nähern kann, überreicht uns Arminio den Schlüssel zu einer Schatztruhe, die sich, einmal geöffnet, paradoxerweise mit nichts anderem gefüllt zeigt als mit normalen Episoden und gewöhnlichen Empfindungen. Es ist wahrscheinlich wahr: Der einzige Weg, die Angst vor dem Tod zu vertreiben, besteht darin, seine absolute Natürlichkeit zu erkennen.